In diesem Beitrag möchte ich die vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten von Waldgärten aufzeigen. Jeder Waldgarten ist ein individueller Ausdruck und trägt die Handschrift der jeweiligen Gestalterin bzw. des Gestalters. Welchen Schwerpunkt der eigene Waldgarten hat, hängt sehr stark von der Zielsetzung und der Größe der Fläche ab. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es in der Waldgartengestaltung ein vielfältiges Zielbündel geben, wo einzelne Ziele miteinander kombiniert werden.
Das Waldgartenprinzip habe ich bereits im Blogbeitrag „eine Besonderheit zwischen Wald und Garten“ erläutert. Betrachten wir nun gemeinsam die einzelnen Waldgärten.
Freizeitgarten
Wenn ich meinen Garten überwiegend zur Freizeitnutzung gestalten möchte, muss ich mir Klarheit darüber verschaffen, welche Art von Freizeitaktivitäten für mich erstrebenswert sind? Der Anblick einer vielschichtig strukturierten, farbenprächtigen Pflanzenkulisse mit zahlreichen Aufenthalts- und Erholungsplätzen schafft eine Oase der Ruhe, eine offene Sonnenfalle mit Ausrichtung nach Westen lässt unvergessliche Sonnenuntergangserlebnisse zu, Biotope schaffen eine angenehme Atmosphäre und können als Schwimmteiche genutzt werden. Ebenso kann ein dicht bepflanzter Waldgarten mit verschlungenen Wegen die Abenteuerlust wecken und zu Beobachtungen anregen. Möglicherweise wird ein Freizeitgarten so gestaltet sein, dass sich der Arbeits- und Pflegeaufwand in Grenzen hält und der Erholungsnutzen im Vordergrund steht.
Freizeitgärten mit vorwiegender Erholungsfunktion
Naschgarten
Im Naschgarten überwiegt die Verwendung von essbaren Pflanzen. Die Zielsetzung liegt dabei in der vielfältigen Bepflanzung mit unterschiedlichen Wuchshöhen, wobei von jeder Art nur wenige Pflanzen zum Einsatz kommen. Bei der Auswahl der Pflanzen stehen die eigenen Geschmackserwartungen im Vordergrund. Naschgärten eigen sich aber auch sehr gut für Experimente, um den kulinarischen Horizont zu erweitern. Bei der Planung sollte das Augenmerk auf die unterschiedlichen Erntezeitpunkte gelegt werden, um nahezu ganzjährig saisonales Obst, Gemüse und Kräuter ernten zu können.
saisonale Köstlichkeiten im eigenen Naschgarten
Selbstversorgergarten
Während beim Naschgarten die Vielfalt in geringen Mengen im Vordergrund steht, zielt der Selbstversorgergarten darauf ab, größere Mengen an Früchten zu ernten, um so viel wie möglich vom Jahresbedarf an Obst und Gemüse zu ernten. Die meisten Obstbäume, Sträucher und Gemüsen benötigen allerdings mehr Sonne. Daher ist bei dieser Form der Waldgartengestaltung auch darauf zu achten, dass sich die Zahl der hochwüchsigen, breitkronigen Bäume einerseits in Grenzen hält, andererseits auf eigens dafür geschaffene Zonen erstreckt.
eigenes Obst und Gemüse im jungen Waldgarten – mit Sicherheit ein Genuss
Schaugarten
Schaugärten werden gestaltet, um auf die große Zahl an essbaren Bäumen, Sträuchern, Kräutern und Gemüsen aufmerksam zu machen. Sowohl im öffentlichen Raum als auch für private oder betriebliche Zwecke kann ein Schaugarten die Aufmerksamkeit der Bevölkerung bzw. die Aufmerksamkeit von Gästen und Kunden auf sich ziehen. Darüber hinaus können zum Beispiel in der Gastronomie und Hotellerie die Früchte auch in der hauseigenen Küche den Speisen und Getränken eine unverwechselbare Note geben.
Schaugärten wecken öffentliches Interesse
Erwerbswaldgarten
Speziell für kleinstrukturierte, landwirtschaftliche Betriebe bietet der Erwerbswaldgarten eine gelungene Alternative zur herkömmlichen Landwirtschaft. In Verbindung mit einer Be- und Verarbeitung der Produkte und einer regionalen Vermarktung können mit Erwerbswaldgärten Einkommen erzielt werden, die eine Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes zumindest im Nebenerwerb ermöglichen.
Bei den Erwerbswaldgärten gibt es aus meiner Sicht zwei grundsätzliche Strategien. Einerseits bleibt die Vielfalt in der Gestaltung erhalten. Das Vorhandensein einer vielfältigen Produktpalette mit relativ kleinen Produktionsumfängen erfordert jedoch eine angepasste Vermarktungsstrategie. Darüber hinaus ist die Frage zu klären, wie weit sich eine große Vielfalt in Produktion und Verarbeitung arbeitstechnisch bewerkstelligen lässt? Andererseits kann mit der Strategie von Hauptfrüchten im Waldgarten gearbeitet werden. So können zum Beispiel zwei bis drei Früchte in größeren Umfang in das Waldgartenkonzept aufgenommen und in weiterer Folge be- und verarbeitet werden. Diese Strategie ist vor allem dann zu empfehlen, wenn die vorhandene Arbeitskapazität nicht ausreicht.
Erwerbswaldgärten – eine Chance für kleinstrukturierte Betriebe
Waldgärten im öffentlichen Raum
Die Sehnsucht vieler Menschen nach Aufenthalt und sinnvoller Beschäftigung in der Natur wächst in unserer westlich industrialisierten Gesellschaft kontinuierlich. Kooperative Landbewirtschaftungsprojekte, urban gardening und essbare Landschaften liegen ganz im Trend unserer Zeit. Zahlreiche Gemeinden im ländlichen Raum, aber auch im städtischen Bereich gehen dazu über, Flächen für diese Zwecke zur Verfügung zu stellen. Die Vision der Gestaltung von Waldgärten im öffentlichen Raum unter Einbindung der interessierten Bevölkerung und mit Unterstützung fachkundiger Expert/innen seitens der Gemeinde steht bereits in den Startlöchern und findet immer häufiger Zuspruch. Derartige Projekte eignen sich vor allem aus sozialer Sicht hervorragend, um Menschen aktiv ins Gesellschaftsleben einzubinden, zu integrieren und zu einem eigenverantwortlichen Handeln zu motivieren.
Ich bin mir ganz sicher, dass ich nur einen Teil der zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten besprechen konnte und freu mich auf eure Anregungen und Kommentare. Im Frühling starten wir mit unserem Online Basiskurs. Auch da habt ihr die Möglichkeit, mehr über die Vielfalt der Waldgärten kennen zu lernen.
Euer Waldgärtner
Reinhard
Geben wir der Natur ein Stück Land zurück.