Waldgärten sind einer jungen Waldgesellschaft nachempfundene Pflanzengemeinschaften mit überwiegend essbaren Bäumen, Sträuchern, Kräutern und Wildgemüsen. Eine Vielzahl an unterschiedlichen Wuchsformen wird dabei auf die bestmöglichste Art und Weise kombiniert, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, ein lokales Kleinklima zu schaffen und mit dem geringstmöglichen Arbeits- und Maschinenaufwand den besten Nutzen zu erzielen.

Ein junger Mischwald im unteren Traisental – so ähnlich könnte die Umgebung für die erste Waldgartengestaltung unserer Vorfahren ausgesehen haben.

Waldgärten sind mit großer Wahrscheinlichkeit schon so alt wie die Menschheit selbst. Aus anthropologischen Quellen wissen wir, dass sich unsere Vorfahren in savannenähnlichen Landschaften entwickelten, die ihre biologischen Grundbedürfnisse am besten befriedigen konnten. Ein lockerer Baumbestand inmitten fruchtbaren Graslandes bot zugleich reichlich Nahrung und Schutz.

Über viele Jahrtausende verbrachte die Menschheit als Jäger und Sammler und schuf einen großen Wissens- und Erfahrungsschatz hinsichtlich der Nutzbarkeit von Pflanzen. Es ist anzunehmen, dass die Menschen mit dem Übergang zur Sesshaftigkeit auch die Fähigkeit zur Pflanzenvermehrung praktizierten und in den ausgewählten Landschaften jene Pflanzen zu kultivieren begannen, die sie aus ihrer Entwicklungsgeschichte heraus bereits kannten. Auch wenn dieser Aspekt in der Literatur in diesem Kontext noch nicht formuliert wurde, so kann der Übergang zur Sesshaftigkeit durchaus als Beginn der Waldgartengestaltung betrachtet werden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit pflanzten unsere Vorfahren rund um ihre ersten Siedlungen eine Vielzahl an Bäumen, Sträuchern, Kräutern und Wildgemüsen mit unterschiedlichen Wuchshöhen und dürfen somit als die Gründer/innen der Waldgartengestaltung bezeichnet werden.

Die Erfolgsgeschichte der menschlichen Evolution ist untrennbar mit ihrer Anpassungsfähigkeit verbunden. Bei der Besiedelung der Kontinente versuchten die Menschen, sich an die örtlichen und klimatischen Gegebenheiten anzupassen und schufen ganz spezifische Waldgartensysteme, die sich ihrer Lebensumwelt anpassten. Noch heute finden wir dieses traditionelle Wissen in zahlreichen indigenen Kulturen auf der ganzen Welt.

Die Waldgartengestaltung hat darüber hinaus auch einen bedeutenden sozialen Aspekt. Ärmere Bevölkerungsgruppen schufen mit einzelnen Waldgartensystemen auf kleinster Fläche eine enorme Produktivität, die ihre Ernährung und damit auch ihr Überleben sicherte.
Gegenwärtig werden rund 80 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf der Welt von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bewirtschaftet. Der Großteil von ihnen wirtschaftet nach traditionellen Anbaumethoden. Die weltweiten Erfahrungen aus dem Bereich der Waldgartengestaltung können dazu beitragen, kleinbäuerliche Strukturen zu bewahren und in ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage weiter zu entwickeln und zu verbessern.

Ernesto Flores Apaza – Präsident der Nation Queros (von 2017 bis 2019) in den Anden Perus kultiviert in seinem, dem Haus angeschlossenen Gewächshaus, Gemüse auf 4.700 m Seehöhe.

Mitte der 1970er Jahre wurde auf Initiative des Kanadiers John Bene vom International Development Research Centre (IDRC) das International Council for Research in Agroforestry (ICRAF) gegründet, in dem unter Federführung der UNO Wissenschaftler/innen gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung in nahezu allen Teilen der Welt Projekte zur Verbesserung der Waldgartensysteme initiieren und betreuen. Daraus ist ein großer Fundus an wissenschaftlichen Publikationen zu den unterschiedlichsten Themenstellungen entstanden.

Valle Sagrale am Ufer des Rio Urubamba (Peru) – in Quellouno bewirtschaftet David mit seiner Familie einen vielfältigen Waldgarten auf ca. 3 ha. Neben der Selbstversorgung liefern die Früchte einen Großteil des Familieneinkommens.

Es verwundert daher nicht, dass auch die Permakulturbewegung nahezu zeitgleich auf das bewährte Waldgartenkonzept zurückgegriffen hat. Bill Mollison und David Holmgren entwickelten das theoretische Konzept der Permakultur und wurden dafür 1981 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Innerhalb der Permakulturbewegung gelten im Feld der Waldgartengestaltung Robert Hart und Martin Crawford als erste Pioniere, die das Waldgartenkonzept im europäischen Raum wiederentdeckt haben. An dieser Stelle soll auch noch Patrick Whitefield erwähnt werden, dessen Buch: “ Das große Handbuch Waldgarten – Biologischer Obst-, Gemüse- und Kräuteranbau auf mehreren Ebenen“ auch in deutscher Sprache erschienen ist.

Eine Liste an vielfältiger, größtenteils englischsprachiger Literatur zum Thema findet ihr im Anhang des Beitrages.

Wenn ihr Anregungen, Ergänzungen oder Kommentare zur Geschichte der Waldgärten habt, freu ich mich über eure Rückmeldungen.

Ich bin sehr dankbar dafür, Teil dieser großartigen Bewegung sein zu dürfen und wünsche euch eine gute Zeit.

Euer Waldgärtner
Reinhard

Geben wir der Natur ein Stück Land zurück.

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