Permaveggies* – Ausdauerndes Gemüse

… einmal pflanzen – immer ernten!

Ein Gastbeitrag von DI Magdalena Bauer-Scharinger und DI Roland Teufl

* Der Begriff Permaveggies bedeutet „Permanent Vegetables“ also „Permanente Gemüse“ und wurde von Pflanzenkoryphäe Stephen Barstow begründet. Siehe auch: https://www.edimentals.com

Foto: Magdalena Bauer-Scharinger

Einmal gepflanzt und verwurzelt brauchen ausdauernde Gemüse weit weniger Arbeitseinsatz als ihre kurzlebigen Verwandten und dabei beschenken sie uns Jahr für Jahr aufs Neue mit gesunder und frischer Nahrung. Klingt das nach einem Paradiesgarten?

Ganz unbekannt sind uns ausdauernde Gemüse ja nicht. Die meisten lieben ihn, den Spargel im Frühjahr, eine der wohl klassischsten ausdauernden Gemüsearten! Aber man kennt auch Rhabarber, Artischocke, Sauerampfer oder Bärlauch und natürlich viele unserer Küchenkräuter wie Schnittlauch, Thymian, Liebstöckel oder Salbei, die uns im Garten seit Langem treue Begleiter und Versorger sind.

Viele unserer klassischen Gemüsearten haben einen kurzen ein- oder zweijährigen Lebenszyklus: Tomaten, Paprika, Gurken, Salat, Radieschen. Karotten, Küchenzwiebeln, Rote Rüben, Mangold oder Kraut. Sie sind ertragreich, benötigen aber zugleich einen hohen Arbeitsaufwand und oftmals intensive, ressourcenzehrende Anbaumethoden.

Noch weitgehend unbekannt ist im Vergleich eine riesige Fülle an ausdauernden und mehrjährigen Gemüsearten. Permaveggies bieten viele kulinarische Möglichkeiten. Verwendet werden können, je nach Art verschiedene Teile der Pflanze, zu unterschiedlichen Jahreszeiten: Blätter, Blattstängel, Sprosse, Triebe, Stiele, Blüten, Blütenknospen, Samen, Früchte, Nüsse, Knollen, Zwiebeln, Wurzeln, Rhizome, Rüben. Bei der Ernte ist zu beachten, dass nur so viel von der Pflanze genommen wird, dass dies nicht gleich den Tod der Pflanze bedeutet! So werden z.B. nicht alle Rhizome, Wurzeln oder Knollen geerntet.

Fotos: Roland Teufl

Die ausdauernden Gemüse können in mehrere Gruppen gegliedert werden. Nachfolgend haben wir eine Einteilung aufgrund der verwendeten Pflanzenteile getroffen und nennen jeweils einige Beispiele:

  • Zwiebel und Knoblauch
    Winterheckenzwiebel, Schnittlauch, Schnittknoblauch, Bärlauch, Ackerknoblauch
  • Kraut- und Kohlgemüse
    Ausdauernder Kohl, Meerkohl, Orientalisches Zackenschötchen, Wildkohl
  • Spinat
    Ausdauernder Buchweizen, Baumspinat (selbstsäend), Guter Heinrich, Brennessel, Hablitzia – kaukasischer Rankspinat, uvm.
  • Knollengemüse
    Topinambur, Knollenziest, Zuckerwurzel, Klettenwurzel, Erdbirne, Erdmandel,
  • Blattsalat
    Gartenmelde und Malve (selbstsäend), Löwenzahn, Schwarzwurzel, Fetthenne, Giersch, Tellerkraut, Schildampfer, Blutampfer, Gemüseampfer, Rapunzel-Glockenblu, Mitsuba uvm.
  • Kräuter
    Hopfen, Süßdolde, Kren, Wilde Rauke, Liebstöckl, Wiesenknopf, Apfelminze, Taglilien, Fenchel
  • Speiselaub
    Chinesischer Gemüsebaum, Maulbeerblätter (Morus alba), Szechuan-Pfeffer, Ulme, Linde, Buche, Weinblätter, u.a.m.
  • Weitere
    Straußenfarn, Hosta/Funkie, Bambus, japanischer Staudenknöterich (invasiver Neophyt – zugleich wie Rhabarber verwendbar, aufessen für den Naturschutz), die 1500 essbaren Wildpflanzen Mitteleuropas.

Der Winterheckenzwiebel kann bis zu 15 Jahre leben, seine dicken Zwiebelröhren können ab dem zeitigen Frühjahr über das ganze Jahr geerntet werden. Ausdauernder Kohl ist über Stecklinge vermehrbar, und bietet über Jahre Kohlblätter für diverse Verwendungen. Ist der Kaukasische Rankspinat einmal etabliert und hat dabei gute Klettermöglichkeiten, so ergibt das eine wüchsige und kaum versiegende Spinatquelle. Die aus dem Boden schießenden, noch zusammengerollten Blätter der Funkien, können – ebenso wie neu gewachsene – noch eingerollte Blätter des Straußenfarns zu zarten Gemüse gedünstet werden.

Zum Speiselaub: eine Vielzahl an Baumblättern lässt sich kulinarisch verwenden, und die jeweiligen Bäume können ziemlich einfach als Salat- oder Gemüsebäume kultiviert werden. Bspw. kann eine Linde alle zwei bis fünf Jahre auf 1,5 Metern Höhe geschnitten werden, und treibt dann neue, gut erreichbare Äste, das Lindenlaub kann dann im Frühling mit geringstem Aufwand (durch Abstreifen) für den Salat geerntet werden. Ebenso kann diese Kultur-Methode auf weitere essbare Laubbaumarten angewendet werden. Besonders erwähnenswert sind die außergewöhnlich eiweißreichen (10-25%), vitamin- und mineralstoffreichen Blätter des chinesischen Gemüsebaums und der Weiß-Maulbeere. Superfood fast ohne Arbeit!

Foto: Roland Teufl

Die Vorteile von ausdauerndem Gemüse

Neben reichhaltigen Inhaltsstoffen und Pflanzungsmöglichkeiten bieten ausdauernde Gemüse noch eine Vielzahl weiterer Vorteile, die gute Argumente geben, diese Pflanzen mehr und mehr zu kultivieren!

Wenig Pflege – mehr Widerstandskraft
Die Lebensdauer der Pflanzen lässt es gleich vorweg vermuten, das Vorziehen- sowie das Auspflanzen und die damit verbundene Bodenbearbeitung ist nur einmal nötig. Durch ihr langjährig gebildetes und somit weit verzweigtes Wurzelsystem hält sich der Pflegeaufwand in Grenzen und es muss weniger oder gar nicht mehr gegossen werden. Ausdauernde sind auch stresstoleranter (z.B. bei Schädlingsbefall), da in ihrem Wurzelsystem die Energie zum Wiederaustrieb gespeichert ist.

Ökosystemleistungen – Bodengesundheit
Ausdauernde bringen Vorteile für das gesamte Ökosystem Garten. Sie dienen als Lebensraum, Rückzugs- und Überwinterungsorte für Nützlinge und haben Einfluss auf das Kleinklima sowie die Bodengesundheit. Die tiefreichenden Wurzelsysteme speichern Wasser und Nährstoffe und der Boden ist, wie auch in der Natur vorgesehen, permanent mit Vegetation bedeckt. Das Ausbleiben der jährlichen Bodenbearbeitung hat einen positiven Effekt auf die Bodenstruktur und das Bodenleben und die damit zusammenhängenden Ökosystemleistungen wie Erosionsschutz, Humusbildung, Wasserhaltevermögen oder CO2-Speicherung.

Saisonverlängerung
Durch ihren Startvorteil im Frühling verlängern Ausdauernde unsere Erntesaison. Weiters gibt es auch Ausdauernde die gezielt vorgetrieben werden können z.B. Rhabarber, Meerkohl oder Orientalisches Zackenschötchen.

Multifunktionalität
Ausdauernde Gemüse sind demnach multifunktional und können über den ökologischen und kulinarischen Nutzen hinaus auch als Gestaltungselement im Garten ihren Beitrag leisten. Viele unserer bekannten Zierpflanzen zählen auch zum ausdauernden Gemüse, so z.B. Taglilien oder Funkien. Warum also nicht gleich einen essbaren Ziergarten anlegen oder die Pergola mit essbaren Kletterpflanzen begrünen (z.B. Akebie, Hopfen, Kaukasischer Rankspinat, Schissandra).

Fazit & Kontakt

Ausdauernde Kulturen sind Ressourcen-aufbauend, sie wirken aggradierend (nicht degradierend) – nach dem Vorbild der Natur, mit einem beständig bedeckten Boden,  geringstem Einsatz von (fossiler) Energie, wenig Boden(zer)störung und dem Aufbau von Humus.

Durch die ökologischen Qualitäten der ausdauernden Gemüsen, wie auch deren Fähigkeit zur Selbsterhaltung und Resilienz gegenüber Wetterextremen, sind sie in Hinblick auf die Herausforderungen des Klimawandels und bei der Gestaltung post-fossiler Gesellschaften von noch unterschätztem Wert.

Eine kleinstrukturierte, dezentral organisierte, lokale, sozial- und ökologisch gerechte Lebensmittelversorgung, im Sinne der Ernährungssouveränität, ist möglich und nötig.  Ausdauernde Anbausysteme und Gemüse bieten einen spannenden und zukunftsfähigen Weg dorthin.

DI Magdalena Bauer-Scharinger

DI Roland Teufl

Buchempfehlungen

Foto: © Ulmer Verlag

“Mehrjähriges Gemüse”  von Philippe Collignon und Bernard Bureau, 2., aktualisierte Auflage 2021. 157 Seiten
ISBN 978-3-8186-1281-8

Link zum Verlag

Foto: © Green Books

“Perennial Vegetables” by Martin Crawford,
Publisher: Green Books (5. April 2012), englisch, 224 pages
ISBN-10: 1900322846
ISBN-13: 978-1900322843

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2 Kommentare
  1. Monika Geier-Karner sagte:

    Gerne würde ich heute an dem Webinar Permaveggies um 16:00 Uhr teilnehmen; aber leider habe ich überhaupt keine finanziellen Mittel bei meiner geringen Rente. Ist da trotzdem etwas zu machen?

    Antworten

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