Unser neuer Waldgarten – eine Idee wird Wirklichkeit

Ein Herzensanliegen realisieren

Im Zuge der Hofübergabe auf unserem BiohofGrüner Engel an die junge Generation kam es durch die Neuorganisation zu einer Veränderung der Aufgabenbereiche und der Verantwortlichkeiten. Neben der Mithilfe am Hof und in der Vermarktung gilt seither mein Hauptaufgabengebiet der Betreuung und Weiterentwicklung unserer Waldgärten.

In den Jahren zuvor war mir die Renovierung unseres alten, leerstehenden Weinkellers ein großes Anliegen, dass allerdings immer wieder aufgeschoben wurde. Die Hofnachfolge war ein gelungener Anlass, dieses Projekt zu realisieren und im Weinkeller unsere zukünftige Waldgartenmanufaktur zu verwirklichen. Bei diesem Projekt war es naheliegend, auch das angrenzende Kellerfeld, ein Grundstück mit 2.000 m2 in das Gesamtkonzept zu integrieren.

Die Planung des Waldgartens erfolgte anhand der vielfach erprobten Vorgangsweise unseres Basiskurses, bei dem wir schrittweise die einzelnen Prozessstufen mit unseren Teilnehmer/innen durchlaufen. Am Beispiel unseres Kellerfeldes möchte ich in diesem Beitrag den Gestaltungsprozess beschreiben und auf die bedeutenden Planungsinhalte eingehen. Bei unserem nächsten Einführungskurs (vor Ort) in die Waldgartengestaltung könnt ihr euch selbst davon ein Bild machen.

Baubeginn am Kellerfeld. Das Aushubmaterial bleibt am Grundstück und es entsteht eine Terrasse mit integrierter Sonnenfalle.

Sonnenverlauf, Beschattung und Wind werden zu allen Jahreszeiten beobachtet, damit eine optimale Planung erfolgen kann.

Beobachten

Wir entschieden uns zur Vorbereitung der Anlage des Waldgartens für einen mehrjährigen Luzernenbewuchs. Luzerne verbessert den Boden, sorgt für eine gute Durchwurzelung bis in tiefere Schichten und sammelt Nährstoffe. Durch die Beobachtung des Feldes über mehrere Jahre konnten wir wesentliche Informationen über das Grundstück, die Lage und die Umgebung sammeln. Diese Beobachtungen wurden immer wieder mit den eigenen Erwartungen an den zukünftigen Waldgarten reflektiert. Eine gute Beobachtung ist stets eine bedeutende Quelle für neue Ideen und weckt vor allem die Kreativität für den Verlauf des weiteren Planungsprozesses. Besonders hilfreich war für mich auch der ständige Vergleich mit den anderen Waldgärten am Betrieb bzw. Besuche und Gespräche mit Waldgartenkolleg/innen.

Wie wichtig eine ausführliche Beobachtungsphase ist, möchte ich anhand der Sonneneinstrahlung bzw. der Beschattung erläutern. Die Ausrichtung nach den Himmelsrichtungen gelingt sehr schnell. Allerdings gilt es, den Sonnenstand im Laufe des Jahres, bzw. im Laufe der Vegetationsperiode zu bedenken, der zu den einzelnen Jahreszeiten sehr unterschiedlich ist. Für die Planung ist dies ein bedeutender Aspekt, vor allem wenn es in weiterer Folge um die Auswahl der Pflanzen und um deren Sonnen- bzw. Schattenverträglichkeit geht. Eine Sonnenstands Erhebung für die einzelnen Jahreszeiten ist hier besonders empfehlenswert. Mittlerweile gibt es dazu auch sehr gute, digitale Tools, die uns beim Beobachten unterstützen können. (Zum Beispiel www.sonnenverlauf.de)

Ebenfalls über einen längeren Zeitraum sollten die Windverhältnisse, die Verteilung der Niederschläge und die Temperaturen beobachtet werden. Hier bieten die meisten Länder kostenlose Informationen über ihre jeweiligen Wetter- und Klimadienste an. Darüber hinaus gilt es zum Beispiel auch den Eintrag von Schadstoffen, den Lärmeintrag und mögliche Wildpopulationen und deren bevorzugte Wanderbewegung zu beobachten.

Ein Tipp meinerseits: bei der Beobachtung der Niederschlagsverhältnisse ist es auch von großer Bedeutung, das Grundstück während eines Regenereignisses zu beobachten. Dadurch gewinnt man Einblicke in den Wasserverlauf am Grundstück und kann in weiterer Folge Speicherbecken, Barrieren oder gezielte Abflüsse besser planen.

Die Grundkarte als wichtiges Planungselement

Ressourcen erfassen

Zu den Ressourcen zählt vorab das Grundstück selbst mit seinem aktuellen Bestand an Pflanzen bzw. an vorhandenen Einrichtungen wie beispielsweise Wege, eventuelle Gebäude, Zäune und dergleichen. Für die Anlage eines Waldgartens ist der Boden wohl die wesentlichste Ressource und es ist daher eine der ersten Aufgaben im Planungsprozess, den Boden gut zu analysieren. Der Bodentyp, die Bodenart, die Gründigkeit des Bodens, sein Humusgehalt und sein pH-Wert sind dabei wichtige Faktoren, die letzten Endes über einen möglichen Pflanzenbewuchs entscheiden.

Darüber hinaus sollten an dieser Stelle des Planungsprozesses die einzelnen Klimafaktoren, die bereits in der Beobachtungsphase betrachtet wurden, festgehalten werden. Temperatur, Niederschlag und Windverhältnisse werden in ihrem Durchschnitt und in ihrer extremen Ausformung festgehalten. Auch hier bekomme ich wichtige Informationen für eine spätere Pflanzenauswahl.

Die Grundkarte ist ein wichtiges Planungsinstrument. Darin werden alle Ressourcen eingetragen und der aktuelle Pflanzenbestand erfasst.

Ein weiterer Schritt an dieser Stelle ist das Festhalten der Umgebung und der vorhandenen Infrastruktur. Wie ist das Grundstück erreichbar? Welche Wege führen zum Grundstück? Welche Widmung weist mein Grundstück auf? Die Frage der Widmung ist speziell für geplante Bauvorhaben bzw. für eine etwaige Nutzung von großer Bedeutung.

Weiters sind die Fragen nach vorhandenen Strom- bzw. Wasserleitungen, nach Ressourcen in der unmittelbaren Nachbarschaft und nach möglichen örtlichen bzw. regionalen Partnern zu stellen.

All diese gesammelten Informationen werden in der Grundkarte, die gleichzeitig unseren Ausgangspunkt für die weitere Planung darstellt, gesammelt. Die Grundkarte wird je nach Größe des Grundstückes in einem Maßstab von 1:100 bzw. 1:200 erstellt. Ratsam ist es, diese Grundkarte (am besten ohne die jeweiligen Zusatzinformationen) zu kopieren bzw. zu zeichnen. Sie ist unser Ausgangspunkt für alle weiteren Planungsschritte.

Der neue Waldgarten am Kellerfeld liegt eingebettet zwischen zwei Weingärten in einer Ost-Westausrichtung.

Die Sonnenfalle dient als zukünftiger Standort für Oliven und Feigen und wurde mit den alten Dachziegeln gebaut.

Unser Kellerfeld weist als Bodentyp ein tiefgründiges Löss-Kolluvium auf, mit hohem Sandanteil und einen kalkhaltigen pH-Wert von 7,4. Da es sich bei der Bodenart um einen lehmigen Sand handelt, ist eine relativ hohe Wasserdurchlässigkeit gegeben, die einerseits die Speicherfähigkeit des Bodens reduziert und andererseits die Gestaltung von natürlichen Biotopen ohne Folienverwendung erschwert.

Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt zwischen 500 und 600 Liter/ m2 und kann als ausreichend für die Bewirtschaftung des neuen Waldgartens erachtet werden. Allerdings konnte in den letzten Jahren eine ungünstige Verteilung der Niederschläge mit langen Trockenphasen und Starkregenereignissen beobachtet werden. Daraus ergibt sich für die weitere Planung die Frage nach der Gestaltung eines Wasserspeichersystems.

Bezüglich des Windes zeigt sich ein häufiges Auftreten von zum Teil starken Winden, die eine hohe Verdunstung bewirken und die einen Windschutz – vor allem aus der westlichen Hauptwindrichtung – sinnvoll erscheinen lassen.

Das Grundstück ist von zwei Seiten mit öffentlichen Wegen erreichbar. Direkt entlang der Kellergasse verläuft die Stromleitung, die örtliche Wasserleitung und ein Regenwasserkanal. Das Kellergebäude ist sowohl an das Stromnetz als auch an das örtliche Wassernetz angeschlossen.

Ein zusätzlich interessanter Aspekt für die Planungsphase ist die Halle am angrenzenden Nachbargrundstück. Sie weist eine Dachfläche von 200 m2 auf und kann eventuell zur Wasserspeicherung mit Regenwasser verwendet werden.

Letzten Endes stellt auch der bestehende Weinkeller eine große Ressource dar. Bei der Planung der zukünftigen Waldgartenmanufaktur soll der bestehende Dachstuhl abgetragen und das Gebäude aufgestockt werden. Der alte Dachstuhl und die alten Dachziegel können als Baumaterialien wiederverwendet werden. Hier wird eine Sonnenfalle für wärmeliebendere Pflanzen angedacht. Aus dem Dachstuhl selbst soll im Waldgarten ein Geräteschuppen und eine Komposttoilette errichtet werden.

Ziele festlegen – ein weiterer Meilenstein in der Waldgartengestaltung

In unserem Online-Basiskurs widmen wir dem Thema „Ziele“ ein eigenes Modul und unterstreichen damit die große Bedeutung der Zielsetzung. Grundsätzlich macht es einen großen Unterschied, ob ich meinen Waldgarten als Nasch- und Erholungsgarten, als Selbstversorgergarten oder als Erwerbswaldgarten plane. (Hierzu findest du einen eigenen Blogbeitrag auf unserer Homepage: https://www.waldgarten.global/unendlich-viele-waldgaerten/)

Durch die bewusste Formulierung meiner Ziele richte ich den Blick von meinen Wünschen auf konkrete Zustände, die ich erreichen möchte. Dabei sollte ich mir auch die Fragen stellen, warum ich dieses Ziel anstrebe, was ich mir durch die Zielerreichung erwarte und bis wann ich mein Ziel erreichen möchte?

Es ist ratsam, Ziele so konkret wie möglich zu formulieren. Auf jeden Fall sollten die Ziele motivierend, messbar, realistisch und mit einem zeitlichen Bezug festgehalten werden.

Unser neuer Waldgarten soll einerseits der Selbstversorgung mit Obst, Gemüse und Kräutern dienen. Bei Gemüse und Kräutern wollen wir in den nächsten drei Jahren einen Selbstversorgungsgrad von 80% erreichen. Beim Obst soll ebenfalls ein Selbstversorgungsgrad von 80% erreicht werden, allerdings erst in frühestens fünf Jahren.

Wir werden die Vielfalt des neuen Waldgartens nutzen, um in den kommenden fünf Jahren mit der Verarbeitung unserer Waldgartenprodukte einen zusätzlichen Umsatz von € 4.000, – zu erzielen.

In die Waldgartenmanufaktur wir ein Hofladen integriert, der einmal wöchentlich (voraussichtlich Freitagnachmittag) geöffnet hat und wo wir im Rahmen des Ab-Hof-Verkaufs auch Verkostungen anbieten.

Darüber hinaus bieten wir mit dem neuen Waldgarten auch Besichtigungen und Exkursionen an.

Der Entwurfsplan – die Basis für eine erfolgreiche Umsetzung

Nachdem wir die Grundkarte erstellt und alle Informationen über unsere Ressourcen darin festgehalten haben, geht es nun an die Entwurfsplanung. Dabei werden einerseits die gewünschten Gestaltungselemente, wie zum Beispiel die Wege, mögliche Terrassen, Biotope, bauliche Anlagen, Plätze mit bestimmten Funktionen und eventuell Zäune in eine Kopie der bestehenden Grundkarte eingezeichnet.

Andererseits fließen unsere Überlegungen bezüglich der gewünschten Bepflanzung in die Entwurfsplanung ein. Im Vorfeld ist es empfehlenswert, eine Pflanzenliste zu erstellen, die uns neben dem Pflanzennamen auch Informationen über Standortansprüche, Wuchshöhe, Sonnenverträglichkeit, Frostempfindlichkeit und andere, für uns wichtige Entscheidungskriterien gibt.

Beim Eintragen der Pflanzen, aber auch bei den Gestaltungselementen sollten wir so weit wie möglich maßstabsgetreu zeichnen, wobei bei den Pflanzen bereits die Platzbedürfnisse im ausgewachsenen Zustand berücksichtigt werden sollten.

In den Entwurfsplan werden alle Gestaltungselemente und die geplante Bepflanzung eingetragen.

Auf unserem Kellerfeld haben wir die Entwurfsplanung in Anlehnung an die Zonierungsprinzipien der Permakultur gemacht. Bereiche, die intensiver genutzt werden, wie beispielsweise das Biotop oder der Gemüsebereich, liegen daher nahe am Gebäude, Bereiche mit extensiver Nutzung, vor allem die Walnuss- und Trüffelbäume liegen am entferntesten Rand des Grundstücks. Die Obstbäume und die überwiegenden Sträucher befinden sich in der Mitte des Kellerfeldes.

Bezüglich der Weggestaltung haben wir uns dafür entschieden, den Zufahrtsweg von der östlichen Seite bis zur Grundstücksmitte mit einer Breite von 4 Metern auszuführen. Dieser mündet in einem Umkehrplatz. Die Überlegung dahinter war, dass wir spätestens in einigen Jahren eine mengenmäßig große Ernte an Obst haben werden, die ohne maschinelle Unterstützung schwer zu transportieren ist. In Zukunft werden wir dafür unseren Traktor verwenden und damit die Handarbeit reduzieren.

Das Regenwasser von der Halle unseres Nachbarn fließt in die Zisterne und der Überlauf speist den Teich. So soll ein Gleichgewicht im Wasserhaushalt entstehen.

Einen weiteren Schwerpunkt nahm die Planung des Biotops ein. Damit wollen wir einerseits die Artenvielfalt im neuen Waldgarten zusätzlich erhöhen, andererseits ist uns die Speicherung des Regenwassers für mögliche Trockenperioden ein großes Anliegen.

Wir entschieden uns für ein Biotop, das mit einer 7.000 Liter Zisterne kombiniert ist. Das Regenwasser wird in der Zisterne gesammelt und erst der Überlauf speist den Teich. Das Wasser für die Bewässerung wird aus der Zisterne entnommen. Dadurch bleibt der Wasserspiegel im Teich, abgesehen von der natürlichen Verdunstung, relativ konstant.

Alles braucht seine Zeit

Die Entscheidung zur Umsetzung dieses Projektes wurde im Februar 2022 getroffen. Im Anschluss folgte die Planung der jeweiligen baulichen Ausführung und die Einholung von Kostenvoranschlägen. Im April 2022 konnten wir den Finanzierungsplan erstellen und eine erste Terminplanung vornehmen.

Die Erstellung des Einreichplans und das Ansuchen um Baugenehmigung erfolgte Anfang Mai und wurde seitens unserer Gemeinde wohlwollend befürwortet, sodass wir Ende August 2022 mit dem Umbau des alten Weinkellers und der Gestaltung des Kellerfeldes beginnen konnten.

Die Witterung war uns gut gesonnen, sodass die hochwüchsigen Bäume und die Obstbäume noch Ende November gepflanzt und die Folie des Biotops verlegt werden konnten.

Zurzeit sind wir bei der Fertigstellung unserer neuen Waldgartenmanufaktur und bei der Verdichtung der Bepflanzung. Aus bautechnischen Gründen wird der Bereich des Gemüsefeldes und der Übergang von der Waldgartenmanufaktur zum Waldgarten erst am Ende der Bauphase fertig gestellt werden.

Die Eröffnung unserer neuen Waldgartenmanufaktur war ursprünglich mit Ende September 2023 geplant. Es wird aber voraussichtlich ein Erntedankfest Ende Oktober werden.

Ein Ort, wo Besucher/innen herzlich willkommen sind

Beim nächsten Einführungskurs am Biohof  tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Waldgartengestaltung.

Das Hauptziel unseres neuen Waldgartens ist weiterhin die Erzeugung von Ausgangsprodukten für die Weiterverarbeitung in der neuen Waldgartenmanufaktur.

Das Kellerfeld soll darüber hinaus aber auch ein Ort der Begegnung und des Lernens werden.

Beim Einführungskursen in die Waldgartengestaltung vor Ort, werden wir ausreichend Gelegenheit haben den neuen Waldgarten zu besichtigen und auf eure Fragen ausführlich einzugehen.

Nachtrag: Mittlerweile gibt es weitere Bilder und Hinweise – zusammengefasst in folgender Slide-Show:

Ich freu mich über euren Besuch bei uns am Biohof, und hier findet ihr immer den aktuellen Link zum Einführungskurs vor Ort.

Euer Waldgärtner
Reinhard Engelhart

„Geben wir der Natur ein Stück Land zurück!“
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